
Medizinkonzept der Zentralklinik
In der Zentralklinik werden drei Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung zusammengeführt. Zunächst ist die Zentralklinik als Schwerpunktversorger mit wesentlichen Maximalversorgungsanteilen geplant. Im Wesentlichen bilden sich diese Anteile in berufsübergreifenden (interdisziplinären) und abteilungsübergreifenden (intersektoralen) Zentrumsstrukturen ab. Von einem solchen nach modernsten Aspekten konzipierten Zentralklinikum muss aber erwartet werden können, dass es zukünftig die Aufgaben eines Maximalversorgers übernimmt – sowohl im ambulanten, tagesklinischen als auch stationären Versorgungsbereich.
Schwerpunkte der medizinstrategischen Überlegungen
Zentraler Ausgangspunkt der medizinstrategischen Überlegungen sind drei wesentliche Schwerpunkte:
- Kardiovaskuläre Erkrankungen, die das Herz-Kreislauf-System betreffen, zum Beispiel Herzinfarkte.
- Erkrankungen des Nervensystems, hier vordringlich der Schlaganfall sowie psychiatrische und neurodegenerative Erkrankungen, die sich aufgrund der veränderten Altersstruktur deutlich erhöhen werden. Die bestmögliche Unterstützung der seelischen Gesundheit der Bevölkerung ist eines der wesentlichen Aufgaben des Zentralklinikums
- Tumorleiden
Gleichzeitig berücksichtigt die Medizinstrategie weitere aktuelle Entwicklungen.
Aufgrund der höheren Altersstruktur werden orthopädische Krankheitsbilder weiterhin ein Wachstum aufweisen. Für Unfallverletzungen dagegen wird eher eine Rückläufigkeit angenommen: Sowohl die passive Sicherheit im Verkehr als auch die Arbeitssicherheit haben sich im Laufe der Zeit deutlich erhöht.
Die pädiatrische und stationäre geburtshilfliche Versorgung wird auf einem immer höheren Niveau möglichst wohnortsnah eingefordert und daher entsprechend in der Zentralklinik abgebildet. Sie bleibt ein immanenter Bestandteil der Versorgungsaufgabe.
Infektionskrankheiten sind zwar in den vergangenen Jahrzehnten deutlich rückläufig, aber – wie die COVID-19-Pandemie zeigt – können sie plötzlich die Anforderungen an das Gesundheitssystem dramatisch wandeln. Die Lehren daraus machen Isolationsmöglichkeiten und die damit einhergehenden Behandlungs,- Besuchs- und Hygienekonzepte zu einem wesentlichen Bestandteil der medizinstrategischen Ausrichtung. Darüber hinaus kommt Krankenhausinfektionen eine bedeutende Rolle zu, die zwingend minimiert werden müssen.
Außerdem zeigt sich vor allem in den Industrienationen ein zu erwartender Anstieg bei den pulmonalen chronischen Erkrankungen und bei der Depression.
Fort- und Weiterbildung
Auch die Fort- und Weiterbildung ist ein weiterer wesentlicher Faktor der Medizinstrategie. Schon laufend werden die beiden bestehenden Schulen für die Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung in Emden zusammengelegt und das Ausbildungsangebot für Gesundheitsberufe erweitert. Die bestehenden Kooperationen mit der Hochschule Emden-Leer und ihrem Fachbereich „Soziale Arbeit und Gesundheit“ soll substanziell ausgebaut werden und mit allen anderen versorgenden Strukturen des Landkreises Aurich und der Stadt Emden verknüpft werden.
Megatrends der Gesundheitsversorgung
Darüber hinaus legt die Trägergesellschaft in ihrer medizinstrategischen Ausrichtung folgende Megatrends der Gesundheitsversorgung zugrunde und macht sie zum wesentlichen Bestandteil der Zentralklinik-Planungen:
Profilbildende Zentren werden bereits gegenwärtig an den bestehenden Kliniken aufgebaut. Diese werden zukünftig durch durchgängig zertifizierte Exzellenz in der Krankenversorgung gekennzeichnet sein. Interdisziplinäre Kompetenzzentren fassen verschiedene Fachbereiche zusammen, um die Patienten umfassend zu versorgen. Der ganzheitliche Blick verschiedener Experten und die spezialisierte Krankenversorgung verbessern den Heilungsprozess.
Technologische und medizinische Entwicklungen lassen eine Verkürzung der stationären Aufenthaltsdauer erwarten. Ein zentraler Grund ist die Ausweitung interventioneller und minimalinvasiver Therapien, die schon heute zu weniger stationären Aufenthalten führen. Hinzu kommt der zunehmende Einsatz von Telemedizin. Stationäre Aufenthalte werden durch tagesklinische und ambulante Versorgungsstrukturen ersetzt. Deshalb sind verbesserte Verlegungsstrategien in einem differenzierten Aufnahme-, Entlass- und Verlegungsmanagement vorgesehen.
Krankheiten, die noch vor wenigen Jahren ausschließlich durch chirurgische Operationsverfahren therapiert werden konnten, werden zunehmend nur noch interventionell behandelt. In der Planung wird diesem Trend unter anderem durch die Schaffung eines interdisziplinären Interventionszentrums Rechnung getragen, welches in unmittelbarer direkter Beziehung zum operativen Bereich positioniert wurde.
Durch die Zusammenlegung der drei Krankenhäuser kann eine höhere Anzahl von Operationen und somit die Erfüllung von Mindestmengenanforderungen sichergestellt werden. Mehr Eingriffe bedeuten mehr Erfahrung und Expertise. Außerdem kann mehr Spezialisierung und Hochspezialisierung an einem Standort in einer ländlichen Region realisiert werden. Das ist insofern vorteilhaft, als der medizinische Fortschritt bedingt, dass auch komplexere Eingriffe bei einer älteren und damit oft kränkeren Population durchgeführt werden können. Durch die Steigerung der Komplexität ist zu erwarten, dass zwar die Anzahl der Operationen im Allgemeinen nicht wesentlich steigen wird, aber die Dauer. Dem wird in der Planung durch den Einsatz nötiger Kapazitäten für parallele Eingriffe Rechnung getragen.
Bei vielen chronischen Erkrankungen werden zukünftig verstärkt auf den Einzelnen abgestimmte Therapiekonzepte zum Einsatz kommen. Schon heute sieht man dies bei der Behandlung von Tumorleiden. Im Zentralklinikum werden deshalb logistisch unterstützende Behandlungszentren gebildet. Außerdem werden auch in Kooperation mit Drittanbietern oder in eigenen MVZ-Strukturen ambulante Angebote auf dem Campus realisiert. Das Gesamtkonzept wird durch das ambulante Angebot an den Altstandorten beziehungsweise den sich neu ansiedelnden Gesundheitsanbietern auf dem Medizin-Campus komplettiert.
Die psychische Gesundheit bekommt perspektivisch eine noch größere Bedeutung. Die Auswirkungen der COVID-Pandemie aber auch das gesteigerte Bewusstsein innerhalb der Bevölkerung und bei den behandelnden Allgemein- und Fachärzten für psychische Erkrankungen werden eine Zunahme des Bedarfs an psychologischen und psychiatrischen Therapien bewirken. Dabei kommt der Behandlung von Depressionen eine besondere Bedeutung zu. Das Zentrum für seelische Gesundheit wird an moderne Diagnostikmethoden gekoppelt sein, um zeitgemäße Therapieangebote sicherzustellen.
Die zunehmende Digitalisierung wird eine individualisierte Medizin ermöglichen. Patienten werden besser und differenzierter informiert der Gesundheitsversorgung begegnen. Datensätze (digitale Patientenakte gekoppelt mit Befunden aus Bildgebung und Diagnostik) können flächendeckend ausgetauscht und möglichst fortwährend aktualisiert werden. Die verschiedenen Akteure im ambulanten Bereich werden in die Versorgung besser eingebunden und die Kernaufgaben der stationären Versorgung liegen im spezialisierten und hochspezialisierten therapeutischen Bereich. Mobile Geräte erhöhen dabei den Patientenkomfort und Therapieentwicklungen können auch im häuslichen Bereich gegebenenfalls digital überwacht werden.
Insgesamt steigen die hygienischen Anforderungen in allen Bereich der Krankenversorgung. Die Planung für das Zentralklinikum hat hier mit einem konsequenten Schwerpunkt auf Patienten- und Mitarbeiterschutz reagiert. Nicht nur vor dem Hintergrund der COVID-Pandemie, sondern auch durch die hohe Inzidenz von Krankenhausinfektionen in Deutschland kommt dem hygienischen Anforderungsprofil des Zentralklinikums eine besondere Bedeutung zu. Neben baulichen Voraussetzungen (zum Beispiel Vorzonen auf der Intensivstation oder Isolationskabinen) kommen im Betriebs- und Hygienekonzept auch hygienische Kernprozesse (zum Beispiel die Aufbereitung von Medizintechnik oder Bettenreinigung) zum Tragen.
Arbeitgeber im Gesundheitswesen müssen noch bessere Lösungen für junge Familien mit Kleinkindern, aber auch für gegebenenfalls zu versorgende ältere Familienangehörige finden. Im Zentralklinikum wird der Mitarbeiterfreundlichkeit besondere Achtung geschenkt, zum Beispiel in Form von familienfreundlichen Arbeitszeiten, die sich an den Bedürfnissen von Mitarbeitern und Patienten orientieren.
Bei der Personalrekrutierung spielen zudem die Aus- und Weiterbildungskonzepte und hier insbesondere die Verknüpfung mit lokalen Angeboten zum Beispiel der Hochschule in Emden, aber auch dem Angebot auf dem Klinikcampus eine zentrale Rolle. Eine familienfreundliche Umgebung wird durch geeignete Institutionen (Kindertagesstätte, Tagespflegeinrichtung für Senioren) auf dem Klinikcampus geschaffen.
Zentralklinik: Innovative, individualisierte und personalisierte Patientenversorgung
Mit der medizinstrategischen Ausrichtung der Zentralklinik werden neuste Erkenntnisse der medizinischen Forschung in eine innovative, individualisierte und personalisierte Patientenversorgung umgesetzt. Darüber hinaus berücksichtigt die medizinische Gesamtstrategie zukunftsweisende Erkenntnisse von Medizintechnik, IT, Logistik sowie Struktur und Organisation.
Für die erfolgreiche Umsetzung der Medizinstrategie ist ein Zusammenspiel vieler Faktoren essentiell. So spielen beispielsweise bauliche Strukturen ebenso eine Rolle wie IT-Strukturen oder Logistikkonzepte. Ein bedeutsamer Faktor ist dabei die Betriebsorganisation.